Ein Multitalent muss ins Exil
Marianne Heymann wurde am 07.02.1905 in Köln geboren.
Schon als Mädchen liebte Marianne Heymann das Spiel mit Holzgegenständen und die Malerei. Gerne ging sie ins Kölner “Hänneschen- Theater“ mit seinen ausdrucksstarken Holzpuppen. Ihr Judentum war ihr bewusst, hatte aber zunächst keine große Bedeutung.
Nach dem Abitur auf dem Kaiserin-Augusta-Gymnasium 1922 strebte sie eine Ausbildung als Holzschnitzerin an. Nach einem Jahr auf der Kölner Kunstgewerbeschule wechselte sie nach Weimar. Weniger ihr eigentlicher Dozent für Bildhauerei und Bühnenkunst Oscar Schlemmer als der Farbkünstler Paul Klee begeisterten sie. Mit ihm blieb sie lange befreundet.
1925 kehrte Marianne Heymann nach Köln zurück und ergatterte bald ein Volontariat an der Kölner Oper, fertigte Kostüme und Bühnenbilder u.a. für Aufführungen des ehemaligen Kölner jüdischen Komponisten Jaques Offenbach an.
Als sie als Provokation gegen die erstarkenden Nationalsozialist*innen aus einem Hitler-Bild einen Hampelmann baute, geriet sie in Gefahr. Nun bekam die Zugehörigkeit zum Judentum eine hohe Relevanz, sie schreibt: „Da wurde ich von ganzem Herzen Jüdin“.
Die Kunsthandwerkerin ging noch im Frühjahr 1933 ins Exil nach Frankreich und lernte dort ihren Mann, den ebenfalls exilierten sozialdemokratischen Kunsthandwerker Hermann Ahlfeld kennen.
Nach einer gemeinsamen Zeit in einem Spielzeugkollektiv fertigte sie wieder Puppen und Masken an, u.a. für berühmte Kompanien. 1939/40 wurden beide getrennt voneinander für einige Monate in Lager der Deutschen Besatzer*innen interniert, Marianne Heymann wurde nach Gurs deportiert. Glücklicherweise kamen sie frei. Unter den Bedingungen des Untergrunds bekam Marianne Ahlfeld-Heymann – sie hatte inzwischen geheiratet – drei Kinder.
Anfang 1949 wanderte die Familie nach Israel aus, erbaute mit Freunden ein Haus in der Farmgenossenschaft Kfar Chaim im Norden von Tel Aviv (im Gegensatz zum Kibbutz gab es hier Privatbesitz und oft auch Privatwirtschaft) und richtete eine Werkstätte für Tischlerei und Schnitzerei ein. Darin produzierten sie z.B. aus Olivenholz Haushaltsgegenstände für neue Einwander*innen. Hermann Ahlfeld arbeitete später als Werklehrer und wurde Ergotherapeut in Akko.
Nach der Familienphase begann sie wieder mit der Marionettenproduktion. Nach dem Tod von Mariannes Mutter 1954 und einer damit verbundenen kleinen Erbschaft zog die Familie nach Haifa um. Die Künstlerin schrieb ihre autobiografischen Erinnerungen auf.
Marianne Ahlfeld-Heymann lebte als ältere Frau in einem sog. Elternheim in Haifa. Sie starb dort am 26.06.2003. Bereits 1988 machte die von Horst Matzerath u.a. kuratierte Ausstellung “Jüdisches Schicksal in Köln. 1918 – 1945” erstmals wieder auf Marianne Ahlfeld-Heymann aufmerksam, sie konnten noch mit ihr Kontakt aufnehmen. Marianne Ahlfeld-Heymann veröffentlichte 1994 ihre Erinnerungen: “Und trotzdem überlebt” im Hartung-Gorre Verlag. Auf dieser Basis und mit eigenen Recherchen angereichert verfasste der Kölner Frauengeschichtsverein 2015 einen längeren Wikibeitrag über sie und machte sie in Köln bekannter.
2019 organisierte Dr. Romana Rebbelmund, Kuratorin am MAKK – Museum für Angewandte Kunst Köln, zum Jubiläum des Bauhauses eine Ausstellung zu Marianne Ahlfeld-Heymann und ihrer Cousine, Margarete Heymann-Loebenstein (1899-1990), die ebenfalls am Bauhaus studiert hatte und eine anerkannte avantgardistische Keramikerin wurde (Titel: 2 von 14. Zwei Kölnerinnen am Bauhaus).
Im gleichen Jahr erhielten die beiden Cousinen Stolpersteine, die in Anwesenheit von Nachfahr*innen aus den Niederlanden angebracht wurden. An Marianne Ahlfeld-Heymann wird vor ihrem Geburtshaus in der Voigtelstraße 9 erinnert. Der Kölner Frauengeschichtsverein hielt die Gedenkrede.