Monika Hauser, 1959 in der Schweiz als Kind Südtiroler Eltern geboren, kann sich kaum erinnern, dass sie irgendwann keine Feministin gewesen wäre. Bereits während ihrer Ausbildung zur Gynäkologin störte sie, wie herablassend mit Frauen in der männlich dominierten Frauenheilkunde umgegangen wurde. Als im Herbst 1992 die Medien empathielos und drastisch über Massenvergewaltigungen von Frauen im Bosnienkrieg berichteten, wurde Monika Hauser, die seit 1988 in Köln beheimatet ist, als eine von wenigen aktiv. Sie wollte verhindern, dass weiterhin das Leid der betroffenen Frauen respektlos für nationalistische Propaganda missbraucht würde, aber nichts zu deren Erleichterung passiert. Die Ärztin reiste mit Gabi Mischkowski nach Kroatien und gründete ein erstes Frauenprojekt in Zenica: ein Schutzhaus mit Ambulanz, einem Operationssaal, Beratungsräumen und Wohnräumen für zwanzig Frauen. Dies war nur der Beginn für ein beispiellose Menschenrechtsorganisation. Der Verein Medica e.V. , heute medica mondiale, setzte und setzt sich – soweit möglich – für Frauen und Mädchen in Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Afghanistan, heute auch in Burundi, Ruanda, Uganda, der Demokratischen Republik Kongo und in Liberia ein. Mit Partner:inorganisationen vor Ort leistet medica medizinische und psychologische Hilfe für vergewaltigte und traumatisierte Frauen. Die Macherinnen organisieren aber auch mal eine Fahrschule für Frauen in Afghanistan. Monika Hauser ist Motor, Herz und Hirn der Institution und wurde zu Recht 2008 mit dem Alternativen Nobelpreis geehrt.
Bus des Frauenrechtsvereins medica mondiale auf dem Gebiet des früheren Jugoslawien
Hier geht es zum Interview von Christiane Lehmann und Andrea Braun / das Handwerkerinnenhaus Zwei linke Hände. Keine Kraft. Keine Lust, sich schmutzig zu machen – Vorurteile gegenüber Frauen und Mädchen in Handwerksberufen halten sich hartnäckig – aber heute gibt es immerhin entsprechende Förderprogramme. Das Bewusstsein, dass Gleichstellung gerade in sogenannten Männerberufen wichtig ist, das ist nicht zuletzt handwerksbegeisterten Frauen zu verdanken, denn als Einzelkämpferin hatte frau kaum eine Chance, ihren Traum zu verwirklichen. Mit der Frauenbewegung wurde das anders: Ausgebildete Handwerkerinnen schlossen sich zusammen, gründeten eigene Betriebe und Projekte. In Köln schlugen Frauen einen eigenen Weg ein.
Blick in die Werkstatt des Handwerkerinnenhauses – strictly für Mädchen und Frauen
Unterstützt durch die damalige Frauenamtsleiterin Lie Selter gründeten sie 1989 das „Handwerkerinnenhaus“, das bis heute im ‚Worringer Bahnhof‘ im Stadtteil Nippes existiert. Dieser Verein ist europaweit beispielgebend für die Förderung von Frauen und Mädchen im Handwerk. In Zusammenarbeit mit Lehrkräften aus Haupt- , Real- und Gesamtschulen können Mädchen und junge Frauen gefördert werden, die sonst kaum einen Zugang zu diesen Berufen gefunden hätten. In den 35 Jahren des Bestehens hatten mehrere 10 000 Mädchen und junge Frauen die Chance, einen Beruf kennen zu lernen oder zu erlernen und damit finanziell und persönlich unabhängig zu sein.
Die Älteren kennen sie noch: „Golden Girls“ war eine Sitcom aus den USA mit vier äußerst agilen ‘Seniorinnen’, die zwischen 1990 bis 1994 in Deutschland ausgestrahlt wurde, – für einige hatte sie Kultstatus. 2002 benannte sich dementsprechend eine Kölner Lesbengruppe nach dieser legendären Serie. Auch den rheinischen „Golden Girls“ geht um Sichtbarkeit im Alter, um Spaß und gegenseitige Unterstützung, aber eben ‘auf lesbisch’. Die „Golden Girls“ sind in Köln bei jedem CSD, bei jedem Dyke March dabei und fahren ab und zu auch zu Paraden in anderen Städten. – Betty Thie ist seit 2006 eine von ihnen, im Zeitzeuginnen-Interview erzählt sie von den Aktivitäten und Zielen der Gruppe; und von sich:
Sie kam Mitte der 1980er Jahre nach Köln, arbeitete 30 Jahre lang in der heilpädagogischen Einrichtung „Michaelshoven“ und leitete dort Wohngruppen. Betty Thie war immer offen lesbisch und hat an ihrer Arbeitsstelle keine Diskriminierung erfahren. Allerdings berichtet sie darüber, wie schwer es früher für viele Lesben war, offen zu leben.
– Die Gruppe trifft sich derzeit (Frühjahr 2024) jeden zweiten und vierten Montag im Monat um 19 Uhr in wechselnden Lokalitäten. Die „Golden Girls“ sind über das Kölner Rubicon (https://rubicon-koeln.de/) erreichbar.
Bei der Kamapgne Aktionen in Betrieb und Stadt beteiligen wir uns mit einer kurzen Lesung von Dr. Lale Akgün draussen vor unseren Vereinsräumen. Die türkischstämmige Psychologin und Politikerin hat sich wiederholt zum Thema Rassismus geässert,u.a. in ihrem verfilmten Roman Tante Semra im Leberkäseland. Wir laden alle Nachbar*innen ein, um 11.45 Uhr dazu zu kommen und zuzuhören.
Maria Mies, geboren 1931 in der Vulkaneifel als siebtes von 12 Geschwistern, war eine international renommierte Soziologin, Feministin, Globalisierungskritikerin und Buchautorin. Sie arbeitete nach ihrem Studium am Goethe Institut in Poona, was ihre lebenslange Liebe zu Indien zur Folge hatte. Als Professorin an der FH Köln gründete sie zusammen mit ihren Studentinnen das erste autonome Frauenhaus der Bundesrepublik. Am Institute of Social Studies in Den Haag entwickelte sie den Schwerpunkt Women and Development und formulierte viel diskutierte Postulate zur Frauenforschung. Als Globalisierungskritikerin trug sie aktiv zur internationalen Vernetzung der Globalisierungskritischen Bewegung bei.
Sie setzte sich für ein ressourcenorientiertes Wirtschaften ein und fand dafür Modelle bei den Land-Frauen in den Ländern des globalen Südens. Lange bevor das Thema in aller Munde war, machte sie sich Gedanken über ein Konzept des ‚guten Lebens‘ für alle, das sie unter anderem in einer befriedigenden Arbeit verortete und nicht im Konsum. Dafür stand sie auch in ihrem privaten Leben. Ihre theoretisch fundierten und gleichzeitig immer verständlich geschriebenen Bücher haben bis heute nichts an Aktualität eingebüßt. Einzelne Titel erleben deshalb international immer wieder Neuauflagen, aktuell der Titel La subsistance in Frankreich (zusammen mit Veronika Bennholdt-Thomsen).
Am 15.Mai 2023 ist Maria Mies im Alter von 92 Jahren gestorben. Eine ihrer wissenschaftlichen Weggefährtinnen, Renate Klein, schrieb: “Ich kann nur hoffen, dass die Lebensgeschichte von Maria Mies mit all ihrem Mut, Humor, Intellekt und all ihrer Leidenschaft junge wie ältere Frauen inspirieren wird, so dass wir gemeinsam das nächste Kapitel des Feminismus beginnen können.”
Ihr Nachlass wird vom Kölner Frauengeschichtsverein unter der Signatur Best. 80 verwaltet und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Aus Anlass ihres bevorstehenden ersten Todestages können Sie hier ein Interview von Gabriela Schaaf mit Maria Mies vom 09.01.2013 hören:
Beruf, Arbeit, eigenes Einkommen – das heißt Unabhängigkeit und Gleichberechtigung. So kurz und knapp lässt sich beschreiben, wofür sich Brigitte Erdweg seit mehr als 40 Jahren ehrenamtlich und hauptberuflich einsetzt. Für die Mitbegründerin des Kölner Vereins „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“ ist die Berufstätigkeit von Frauen zum Lebensthema geworden. Angefangen hatte alles mit der eigenen Erfahrung, nämlich: keinen Job zu finden. Vorausgegangen waren rebellische Jahre. Brigitte Erdweg stammt vom Niederrhein. Ihre Mutter war Hausfrau, der Vater Arbeiter und Nebenerwerbslandwirt. Schon als Jugendliche wusste Brigitte Erdweg genau, was sie n i c h t wollte. So wehrte sie sich erfolgreich gegen den Vorschlag ihrer Mutter, doch eine Hauswirtschaftsschule zu besuchen. Stattdessen begann sie mit 14 Jahren eine Ausbildung zur Zahntechnikerin, – damals ein Männerberuf. Die anderen Azubis ließen es sie spüren. Mit 18 Jahren ging Brigitte Erdweg nach Köln, um „die Welt zu verändern“. Sie lebte in linken Wohngemeinschaften, holte Schulabschlüsse nach und nahm ein Studium der Sozialarbeit auf. Bald engagierte sie sich in der Frauenbewegung und traf andere Frauen, die ebenfalls auf Jobsuche waren. Zunächst gründeten sie 1982 eine Selbsthilfegruppe und diskutierten die Texte feministischer Autorinnen wie Prof. Maria Mies und Prof. Carola Möller, die von einer geschlechterspezifischen Arbeitsteilung ausgehen; – im Gegensatz zu den marxistischen Autoren, die Hausarbeit als Arbeit einfach ausblende(te)n, obwohl Frauen den Löwenanteil der reproduktiven und gesellschaftlichen Arbeit leisten. Den zukünftigen Vereinsgründerinnen war klar, dass es nicht um individuelle Lösungen gehen kann. Sie sahen in der Erwerbslosigkeit von Frauen einen politischen Skandal! Auf kaum einem anderen Gebiet hat der feministische Kernsatz „das Private ist politisch“ eine so zentrale Bedeutung. 1984 wurde der Verein „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“ gegründet. Zur Vereinsgründung mieten sie eine Plakatwand, auf der stand „Frauen oft ohne Lohn, nie ohne Arbeit“. Ein Slogan, der bis heute Gültigkeit hat. Bei einem Frauenkongress 1985 wurde die Idee geboren, durch öffentliche Aktionen auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Die Frauen beschlossen, die Arbeitsämter zu stürmen. Bundesweit meldeten sich Frauen zeitgleich als arbeitssuchend. Das Echo war überwältigend. Mit dieser Aktion machten sie klar, dass Frauen nicht die „stille Reserve“ des Arbeitsmarktes sind, sondern ein Recht auf Arbeit haben. Zu dieser Zeit wurden Frauen nicht einmal in der Arbeitslosenstatistik geführt. In der Folge initiierte der Verein in Köln zahlreiche Aktionen. Sie protestierten gegen die Einführung von ALG II Hartz 4, forderten die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bessere Weiterbildungsmöglichkeiten für Frauen, Maßnahmen zur Chancengleichheit von Migrantinnen und mehr Lohngerechtigkeit für Frauen. Mit ihren phantasievollen Aktionen wiesen sie auf das Armutsrisiko alleinerziehender Frauen hin. Das Herzstück des Kölner Vereins ist weiterhin die Beratung der Frauen. Wie komme ich zu einem Job? Welche Fortbildungen gibt es? Welche finanzielle Unterstützung kann ich bekommen? Diese Beratung wird inzwischen in elf Sprachen angeboten. Brigitte Erdweg ist heute in Rente. Nach wie vor ist sie Vorstandsfrau. Ihr Rat und ihr Elan sind gefragt, besonders beim Kampf um die Existenzsicherung des renommierten Vereins. Als autonomes Frauenprojekt steht er in Konkurrenz zu anderen Organisationen, die sich ebenfalls um öffentliche Gelder für Arbeits(losen)beratung bewerben. In der gängigen Förderpraxis werde die prekäre Situation von Frauen noch immer nicht genug berücksichtigt, moniert die Aktivistin. Das kann sie, nach mehr als 40 Jahren Engagement, immer noch auf die Palme bringen. Eine Produktion des Kölner Frauengeschichtsvereins, Aufnahme am 9.5.2023, Interview und Text: Monika Mengel, Redaktion: Gabriela Schaaf, Schnitt: Richard Hofer
Mülheim ist ein Stadtteil, der für die Migrationsgeschichte Kölns besonders interessant ist. Hier liegt der Anteil der Personen mit (familiärer) Migrationsgeschichte über dem der anderen Stadtteile. Vor allem die Keupstraße hat einen bekannten Namen: Für die vielfältigen Geschäfte, die von Arbeitsmigrant*innen eröffnet wurden oder für den Bombenanschlag der NSU- aber auch für den vielfältigen Widerstand gegen Marginalisierung und rechten Terror. Weitere Themen sind Heiratsmigration, Flucht und Vertreibung.
Brigitte Maser (* 18.9.1955 in Stuttgart + 10.11.2023) war eine freie Journalistin und feministisch-lesbische Aktivistin aus Köln. Sie starb nach einer längeren Krankheit im November, wie erst jetzt bekannt wurde. Sie liegt auf Melaten begraben.
Brigitte wuchs in Berlin auf und wurde dort schon in der 1972 gegründeten, eher männerlastigen HAW (Homosexuelle Aktion Westberlin) aktiv. Dort war sie erstmals mit Differenzen zwischen Schwulen- und Lesbengruppen konfrontiert. Ob sie 1974 die Separierung der Lesben mitvollzog (Gründung des Lesbischen Aktionszentrum Westberlin LAZ und Beginn der bundesweiten Lesbenfrühlingstreffen) ist nicht bekannt. Lebenslang betonte sie eher das Miteinander als die Spaltung politischer Gruppen.
Ende der 1970er Jahre zog sie nach Köln, um an der Universität zu Köln Theater-, Film- und Fernwissenschaften, Germanistik und Pädagogik zu studieren mit dem Abschluss MA. Später machte sie mehrere Weiterbildungen, u.a. als „Kulturmanagerin an der Verwaltungs- und Wirtschafts Akademie Köln und als Online-Redakteurin.
Kulturmanagerin Bereits während ihrer Studienzeit war sie in der Projektgruppe ‘Frauen im Theater’ aktiv und organisierte Tagungen mit. Längere Zeit beteiligte sie sich an freien Theaterproduktionen – sei es als Regieassistentin oder Dramaturgin. In den 1990er Jahren arbeitete sie im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie im Veranstaltungsmanagement: im Bereich Ausländerkulturarbeit, Obdachlosigkeit, beim Kölner Frauen-Filmfestival “Feminale“ oder beim „TürkeiFilmFestival“. Des weiteren war sie als Dozentin tätig – also eine typische Existenz als bisweilen prekär lebende Freiberuflerin.
Journalistin und Publizistin Vermutlich aus diesem Grund machte sie zeitweilig ‚Hintergrundarbeit‘ für diverse TV-Produktionen, u.a. beim Privatfernsehen. In der Szene wurde sie seit 2003 durch ihre Mitarbeit beim lokalen Szene-Magazin Stadt-Revue und bei der Taz bekannt und für Beiträge mit den Schwerpunkten Gesellschaft und Soziales anerkannt. In längeren Artikeln behandelte sie die Kölner Frauenbewegung wie auch die lesbische und schwule Community, einige Artikel sind noch online nachzulesen. Ihr Anspruch war: politisch, präzise, pointiert. – Mit einer langjährigen Partnerin veröffentlichte sie Schulbuchtexte im Verlag an der Ruhr.
Aktivistin im SCHuLZ Noch als Studentin hatte sie erstmals das Schwulen- und Lesbenzentrum Schulz in der Bismarckstraße betreten, das 1985 eröffnet worden war. Hier lagen hier vor allem die lesbischen Mitglieder am Herzen. So nahm sie Kontakte mit der GLF-Frauengruppe auf, engagierte sich in der Kulturgruppe des Vereins (lglf-Kulturgruppe), was thematisches Neuland war. Sie begann Kulturveranstaltungen im Schulz zu organisieren, bald aber auch in anderen Locations wie der Comedia Colonia. Ein Highlight waren die mehrtägigen Sappho Rosa Kulturtage. Sie holte dazu unbekannte wie bekanntere Künstler*innen wie Georgette Dee oder Janice Perry, Georgette Dee & Terry Truck aus Berlin oder auch ‘Claus Vincon’ aus Köln. Sie betätigte sich auch im Vorstand des Bildungswerks des SCHuLZ. Die Aktivistinnen des entre nous-Vereins, die im Kontext des SCHuLZ die Zeitschrift subtrawista herausgeben, konnten auf Unterstützung durch ihr journalistisches Wissen rechnen. Das Schwulen- und Lesbenzentrum, das später an den Kartäuserwall zog, war für sie die Keimzelle der queeren Bewusstwerdung, ein Ort, der einen großen Freiraum bot und kreative Kräfte freisetzte.
Lesbenkultur Eines Ihrer wichtigsten Anliegen war und blieb es, Lesben in der LSBTIQ+ Community sichtbar zu machen. So organisierte sie 1991 erstmals auf den Kölner Uni-Wiesen ein Lesben-Fußballevent mit dem Lesben-Fußballclub “Pirates” – das erste internationale Lesben-Fußball-Turnier. Noch heute treten LSBTIQ+ und heterosexuelle Fußballteams beim “Come-together-Cup” gemeinsam und gegeneinander an. Die Frauenbootsfahrten unter dem Motto Get Wet waren sommerliche Highlights.
Gewerkschafterin Brigitte war von 1999 bis 2023 Mitglied der Gewerkschaft ver.di; sie arbeitete aktiv in der ver.di Bezirkskommission der Selbständigen mit und besuchte als Delegierte für den Bereich Selbständige verschiedene Konferenzen.Sie war aber auch ganz bodenständig jährlich beim der 1. -Mai-Demo- und Kundgebung in Köln zu sichten.
CSD-Mit-Organisatorin Anfang der 1990er Jahre verlagerte sie ihren Schwerpunkt wieder stärker in ein schwullesbisches Projekt: die Organisation der kollektiven Erinnerung an die gewalttätige Razzia gegen queere Gäste des Stonewall Inn in der Christopher Street, New York 1969. Neben zehn Männern war sie 1991 neben Andrea Krein die einzige Frau, die den „Kölner Lesben- und Schwulentags“ (KLuST, heute Cologne Pride) gründeten, und die treibende Kraft, wenn es die Rechte und Sichtbarkeit von Lesben betraf. Die Organisation verstand sich als kommunalpolitischer Dachverband und Interessenvertretung der schwulen, lesbischen und bisexuellen (dann auch trans und intersexuellen) Einwohner*innen Kölns. Selbstverständlich nahm sie 1991 am ersten CSD in Köln teil, damals war es laut ihrer Erinnerung noch eine überschaubare Menge. Sie erinnerte sich anlässlich der Beerdigung ihres Freundes Thomas Spolert, der ebenfalls Gründungsmitglied des KLuST gewesen war: „Bei unserer ersten CSD Demo-Parade (1991) waren wir ca 300 Demonstranten und ein Wagen. Wir starteten auf dem Alter Markt und zogen durch die Altstadt bis zur Stephanstraße. Bunt, ein bisschen laut, ein bisschen schrill und voller Stolz! Wir wollten uns nicht mehr verstecken! Und in der Stephanstraße feierten fröhlich etwa dreitausend Lesben und Schwule. Unsere Öffentlichkeitsarbeit hat gewirkt und wir haben in den Jahren den „Kölner Lesben- und Schwulentag“ zu einer Marke für unsere Community gemacht. Wir wurden immer größer und selbst die Stadt Köln hat, nach jahrelangem Fremdeln und Ignorieren, angefangen, uns ernst zu nehmen. Heute wirbt die Stadt Köln auch mit unserem CSD, mit dem Pride-Wochenende für sich als eine tolerante, liberale und lebenswerte Stadt. Seit über 20 Jahren ist der CSD die zweitgrößte Veranstaltung in unserer Stadt.“ Da so wenig Lesben anwesend waren hatten die Lesben der Entre Nous-Tanzparties die Idee, im nächsten Jahr jede Lesbe mit gelben Luftballons zu bestücken, um sie sichtbar zu machen.
Sie war dann einige Jahre im Vorstand des KLuSt tätig und hat dort vor allem Netzwerkarbeit geleistet. In manchen Jahren hat sie die Begrüßung für den KLuST zur Eröffnung der Gala gemacht, auch beim internationalen Treffen der Ilga 1997, wo 300 auswärtige Gäste anwesend waren, gesprochen. 1997 verfasste sie mit ihrem langjährigen Vorstandsgefährten Thomas Spolert einen Beitrag im Stadtführer Lesben und Schwule in Köln (Hrsg.: Meiger/Rogler), in dem die beiden die Geschichte des CSD rekapitulierten und die Anfänge in Köln beschrieben. „Mit der Möglichkeit, sich innerhalb des CSD einen eigenen Raum zu nehmen, wuchs die Bereitschaft, mit schwulen Männern für gleiche BürgerInnenrechte zu kämpfen.“, heißt es da. Sie freute sich darüber, dass 1995 in Köln Deutschlands größte Lesbenparty mit 1.400 Frauen stattfand. Beiden AutorInnen war klar, dass es noch ein weiter Weg bis zur gesellschaftlichen und politischen Akzeptanz sei. Auch allgemeinpolitisch war sie stets eine aufmerksame Beobachterin: 1996 beteiligte sie sich an einer Plakataktion des Kölner Lesben und Schwulentages gegen rassistische, sexistische und ausländerfeindliche Strömungen – ein ihr wichtiges Anliegen. Sie beteiligte sich wiederholt an Round table-Gesprächen zu politischen Fragestellungen, auch auf Einladung von Parteien des demokratischen Spektrums.
Geradeaus Brigitte Masers Persönlichkeit war meist zurückhaltend, humorvoll und verlässlich, dennoch konnte sie deutlich kundtun, wenn das Gegenüber ihrer Meinung nach nicht die gleiche Professionalität an den Tag legte. Sie bezog klare Kante gegenüber Spaltungen und Ausgrenzungen in der Community. Auch Intransparenz bei der CSD-Finanzierung monierte sie mit journalistischen Beiträgen (Anonyme Investoren 2002). 2003 lautete ein Text programmatisch: Der CSD zwischen Politik und Party. Ihre Freizeit verbrachte sie u.a. im Kino, Theater, bei diversen Veranstaltungen, mit Backgammon-Spielen, Fussballtippen und beim Feiern im Gezeiten. Ihr Freundinnenkreis war ausgewählt. Sie überließ dem Kölner Frauengeschichtsverein beim Umzug von Nippes nach Ehrenfeld – relativ kurze Zeit vor ihrer Erkrankung – ein paar Bücher. Danach wurde es still um sie. Die letzten Monate waren zunehmend von Krankheiten geprägt. Am zehnten Spieltag der Saison 23/24 hat sie zum letzten Mal online mitgetippt. – Die Bewegung hat eine verlässliche ‚Kämpferin‘ um Bürger*innenrechte verloren.
Brigitte liegt auf dem Melatenfriedhof begraben.
Wer sie noch einmal sehen und hören möchte kann dies im Interview von Sabine Arnolds tun, das sie 2009 im Backstage-Bereich des ColognePride führte.
Lesung aus Alisa Weils gleichnamiger Autobiografie & Gespräch
Tochter Schulamith Weil liest gemeinsam mit Konrad Sangenstedt aus der Autobiografie von Alisa Weil, die diese gemeinsam mit Carsten Teichert verfasste. Anschließend findet ein Gespräch der Historikerin Irene Franken mit Schulamith Weil über ihre Mutter und über ihr eigenes Engagement für den israelisch-palästinensischen Dialog statt.
Die Netzwerkerin engagiert sich seit 1994 beim Frauennotruf Köln
Irmgard Kopetzky (* 1967) wuchs in Niederbayern auf. Nach ihrer Ausbildung zur Diplom-Sozialpädagogin arbeitete in der Mädchenarbeit. Erst über den Umweg Schottland lernte sie die Notruf-Arbeit kennen. Dort lernte sie 1992 dieses frauenpolitische Engagement kennen. Als sie dann mit ihrem späteren Ehemann nach Köln zog, stieg sie ehrenamtlich in die Arbeit der Kölner Notrufgruppe ein. Der Verein „Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen – Frauen gegen Gewalt e.V.“ existierte damals bereits 16 Jahre. Hier fanden von einer Vergewaltigung Betroffene Frauen, die ihnen ohne Zweifel und Verurteilung zuhörten. Die Mitarbeiterinnen infierierten über Rechte und begleiteten bei Bedarf Gewaltopfer zur Polizei oder zum Gericht. Irmgard Kopetzky beteiligte sich bald an allen Aktivitäten des Vereins. Gewaltbetroffenen Frauen wurde damals in der Gesellschaft nicht selten die Schuld an den Übergriffen gegeben. Sexuelle Gewalt in der Ehe wurde anfangs noch gar nicht strafrechtlich verfolgt. Die Dunkelziffer war entsprechend hoch. Und so gab es gute Gründe für Feministinnen – in welchen Projekten auch immer engagiert – an einem Strang zu ziehen und das Thema aus der Tabuzone zu holen. Zu den Erfolgen, die u.a. durch Irmgard Kopetzkys langjährigen Einsatz errungen wurden gehört u.a. die anonymeSpurensicherung nach Sexualstraftaten. Das Engagement gegen Gewalt an Frauen sei ja eigentlich eine Querschnittaufgabe, zu der sich über die feministische Szene hinaus alle aufgerufen fühlen sollten, sagt die 55-Jährige kämpferisch. Ihre Leidenschaft aber ist bis heute die Netzwerkarbeit. Dort agiert sie am liebsten fantasievoll mit Akteur:innen aus allen möglichen Zusammenhängen.